Material- und Nachwuchsmangel bedrohen den Aufschwung im Handwerk. Die Handwerkskammer hat Befragungen durchgeführt und wagt eine Prognose.
Verkaufspreisklima erreicht neuen Höchststand
Über den in der Baubranche vorherrschenden Rohstoff- und Materialmangel und den daraus entstandenen Anstieg der Einkaufspreise haben wir bereits im September berichtet. Nun hat auch das Verkaufspreisklima im Handwerk einen neuen Höchststand erreicht. Das geht aus dem aktuellen Lagebericht der Handwerkskammer (HWK) Düsseldorf hervor. Besonders betroffen ist demnach das Ausbaugewerbe, zu dem auch Sanitär- und Heizungsarbeiten gehören. In den nächsten Wochen wird sich die wirtschaftliche Lage vermutlich seitwärts entwickeln, vermutet die Bundesregierung laut aktuellem Bericht.
Weiterhin Personalengpässe
Das Problem um Material- und Lieferengpässe ist eine zusätzliche Belastung zum vorherrschenden Nachwuchs- und Fachkräftemangel. Zwar ist die Erwerbstätigkeit in Deutschland in den letzten Jahren gestiegen. Im Handwerk mache sich das aber nicht bemerkbar. Laut HWK Düsseldorf meldeten mehr Unternehmen als je zuvor nicht besetzte Stellen. Im Vergleich zum letzten Jahr konnten nur 17 Prozent der Betriebe zusätzliches Personal gewinnen.
Hohe Nachfrage
Aufgrund einer hohen Nachfrage befindet sich das Handwerk eigentlich im Aufschwung. Das macht die Situation überhaupt erst problematisch: Ein hoher Bedarf trifft auf geringe Personal- und Materialbestände. Die Auftragssituation ist laut Bericht deutlich besser als im letzten Jahr. Während das Handwerk im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr einen Umsatzrückgang von 5,7 Prozentpunkten verzeichnete, stieg der Umsatz im zweiten Quartal um 12,7 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Die Chancen ständen gut, dass das Handwerk im Kammerbezirk Düsseldorf dieses Jahr ein Umsatzplus mache. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie äußert sich angesichts der hohen Nachfrage branchenübergreifend optimistisch.
Den Aufschwung stabil halten
Jetzt geht es darum, mit dem Aufschwung Schritt zu halten. Um die positive Entwicklung nicht zu gefährden, müssten die Probleme um Material und Nachwuchs gelöst werden. Andreas Ehlert, Kammerpräsident und Präsident der NRW-Dachorganisation HANDWERK.NRW: „Entspannung beim Akutproblem Material- und beim Strukturproblem Nachwuchsmangel sind […] Grundvoraussetzung, dass der Aufschwung im Handwerk stabil bleibt.“ Die Inflationsrate dürfte sich nach Auslaufen derzeitiger Sondereffekte von selbst verringern. Damit rechnet etwa das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zu Beginn des Jahres 2022.
Gesellschaftliches Umdenken notwendig
Gegen den Fachkräftemangel anzugehen, dafür ist laut Ehlert aber die Regierung zuständig. Er appelliert an den neuen Bundestag, sich dem Thema anzunehmen, indem die Regierung Digitalisierung, steuerliche Entlastung, die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen und eine offene Innovationskultur vorantreibt. Darüber hinaus fordert er eine Exzellenzinitiative für berufliche Bildung, und Berufsschulen sollten modernisiert werden. Allerdings sei auch wichtig, dass ein gesellschaftliches Umdenken stattfinde. Es dürfe nicht weiter als Abstieg gewertet werden, wenn der Sohn eines Anwalts Meister oder eine junge Frau mit Abitur Steinmetzin werden möchte.

Mehr Aufklärung, bitte!
Um dieses Umdenken voranzutreiben, ist laut Jörg Barth, Geschäftsführer bei Peter Barth, mehr Aufklärung notwendig: „Dass man im Handwerk nichts erreichen kann, ist ein veralteter Irrglaube. Die Aufstiegschancen sind mit der Möglichkeit zum Meister und Studium hervorragend und die Gehälter steigen. Wer sich jetzt für eine Karriere im Handwerk entscheidet, kann zur unverzichtbaren und gut bezahlten Fachkraft von morgen werden. Die Innovationen und Förderungen im Bereich Energie machen insbesondere den Heizungsbereich zu einem florierenden und zukunftsträchtigen Markt.“
Quellen:
„Handwerkskammer legt Herbstgutachten vor“, 15.10.2021 (11.11.21)
„Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie „Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im Oktober 2021“, 15.10.2021: (11.11.21)